Chronischer Stress schädigt Darm und Darmflora. Studien zeigen, dass chronischer Stress den Darm schädigen und das intestinale Mikrobiom (Darmflora) verändern kann. Gehirn und Darm beeinflussen sich gegenseitig. Ein „gestresster“ Darm und Veränderungen des intestinalen Mikrobioms können über die Darm-Mikrobiom-Hirn-Achse Einfluss auf das Gehirn ausüben (3).
Psychische Störungen durch Einflüsse von Magen-Darm-Trakt
Neurogastroenterologische Forschung zeigt, dass eine krankhaft veränderte Kommunikation zwischen Magen-Darm-Trakt und Gehirn für psychische Störungen verantwortlich sein kann und ist besonders bei funktionellen Magen- und Darmerkrankungen (funktionelle Dyspepsie, Reizdarmsyndrom) offensichtlich.
Über diese Kommunikationsbahnen haben Signale aus dem Magen-Darm-Trakt Auswirkungen auf Stimmungslage, Emotionen, kognitive Prozesse und Appetit, können aber auch Übelkeit und Schmerz hervorrufen und die Stressanfälligkeit beeinflussen.
Mikrobiom – ein zusätzliches „Organ“
Das menschliche Mikrobiom bezeichnet die Gesamtheit aller Mikrolebewesen, die auf oder im Menschen leben. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet das Mikrobiom insbesondere die Bakterienvergesellschaftung im Darm. Dieses komplexe System gewinnt zunehmend an Bedeutung, da das Mikrobiom vermutlich für zahlreiche Steuerungsprozesse im Körper mitverantwortlich ist.
Das Mikrobiom ist eigentlich ein zusätzliches Organ, welches wir in uns tragen. Dieses Organ kann sich verändern, durch falsche Ernährung, Stress oder Medikation. Dadurch kann es anfälliger werden für Infektionen, die langfristig auch chronische Erkrankungen verursachen können.
Einfluss auf unser Immunsystem
Untersuchte Prozesse verdeutlichen, dass wir erst anfangen zu verstehen, wie die Darmflora das enterische Nerven-System beeinflusst und andere Organe über die Bauch-Hirn-Achse beeinträchtigen kann. So haben kleine Verschiebungen der microbiomischen Zusammensetzung erhebliche Auswirkungen auf das Immun-System und das Gehirn und das gesamte Nerven-System.
Darm-Mikrobiom ist wie Fingerabdruck
Das Darm-Mikrobioms (auch Darm-Mikrobiota genannt) besteht aus bis zu 1000 verschiedenen Bakterienarten, umfasst etwa 100 Billionen Zellen und besitzt damit etwa 10-mal mehr Zellen und 150-mal mehr Gene als der menschliche Organismus. Die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms ist so individuell wie unser Fingerabdruck und spielt für unsere Gesundheit eine entscheidende Rolle.
Chronischer Stress schädigt Darm und Darmflora
So führen beispielsweise Stresshormone, wie das Corticotropin-Releasing Hormon (CRH), zur Freisetzung von Entzündungsfaktoren und Proteasen, die die Tight Junctions, die Verbindungen zwischen den Epithelzellen, auflösen können (1). Es kann zu einem Leaky Gut Syndrom, einem „löchrigen“ Darm kommen.
Toxine und pathogene Keime können über den Darm in das Gewebe gelangen. Zusätzlich reduziert das CRH bei dauerhaftem Stress die Anzahl der Becherzellen und somit die Schleimproduktion. Dadurch wird die schützende Schleimschicht des Darms geschwächt (2).
Studien belegen positiven Einfluss von Probiotika bei Stress
Eine aktuelle Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2017 fasst mehrere Studien mit einem positiven Einfluss von Probiotika auf depressive Symptome, Angst oder Stress zusammen (4). Bislang scheint die Gabe von Probiotika und Präbiotika mit wenigen bzw. keinen unerwünschten Nebenwirkungen verbunden zu sein. Gleichzeitig liefern diese natürlichen Substanzen bei einer Reihe von gastrointestinalen Erkrankungen positive Resultate.
(Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die einen über die Grundernährung hinausgehenden Nutzen für die menschliche Gesundheit haben und in effektiver Dosis zugeführt werden.)
Literatur:
1) Overman EL, Rivier JE, Moeser AJ (2012). CRF Induces Intestinal Epithelial Barrier Injury via the Release of Mast Cell Proteases and TNF-a. PLoS ONE 7(6): e39935. doi:10.1371/journal.pone.0039935.
2) Pfeiffer CJ, Qiu B, Lam SK. Reduction of colonic mucus by repeated short term stress enhances experimental colitis in rats. J Physiol Paris 2001;95:81-87. Söderholm JD, Yang PC, Ceponis P et al. Chronic stress induces mast cell dependent bacterial adherence and initiates mucosal inflammation in rat intestine. Gastroenterology 2002;123:1099-1108.
3) Collins SM, Bercik P. The relationship between intestinal microbiota and the central nervous system in normal gastrointestinal function and disease. Gastroenterology. 2009;136(6):2003-14.
4) Caroline J.K. Wallace and Roumen Milev. The effects of probiotics on depressive symptoms in humans: a systematic review. Ann Gen Psychiatry, 2017, 16:14.