Wer schon mal sechs Stunden am Tag in wechselnden Videokonferenzen saß kennt das Gefühl. Zoom Fatigue bezeichnet die Müdigkeit und Erschöpfung von Menschen, die durch die Teilnahme an (Zoom-)Videokonferenzen ausgelöst wird.

Das tatsächliche Tool ist nicht ausschlaggebend für die Ermüdung. Aus diesem Grund ist es auch deutlich besser, von einer „Concentration Fatigue“ – quasi einer Konzentrationserschöpfung – zu sprechen.  Tatsächlich handelt es sich nämlich genau darum: um die Schwierigkeit, die Konzentration im Zuge von Online-Meetings aufrecht zu erhalten.

Woher kommt die Ermüdung?

  • Standby modus: Es besteht fast keine Möglichkeit, mentale Pausen einzulegen. Die Teilnehmenden sind innerhalb der Session „always on air“.
  • Die Ton- und Bildqualität ist oftmals nicht gleichbleibend gut, so dass einzelne Worte oder ganze Sätze „verloren gehen“. Das erfordert ein besonders aktives Zuhören, ebenso wie verpixelte Bilder die Aufmerksamkeit vom Gespräch auf die Störung lenken.
  • Man ist gewohnt auf eine Antwort zu erhalten. Durch technische Störungen wird dies unterbrochen oder es kommt zu Nachfragen oder Zwischenrufe.
  • Teilnehmer können sich in Videochats nie wirklich in die Augen sehen können. Kommunikation auf Augenhöhe damit praktisch unmöglich. Damit das Gegenüber das Gefühl hat, angesehen zu werden, muss man direkt in die Kamera schauen. Was wiederum zur Folge hat, dass der Gesprächspartner aus dem Blickwinkel gerät.
  • Manchmal gelingt es einigen Teilnehmenden nicht, sich an den entsprechenden Tools anzumelden, oder die Sessions werden nicht bzw. erst mit Verzögerung geladen. Dies führt oft zu einem erhöhten Stresslevel der Betroffenen.
  • Die Umgebung im Online-Meeting lenkt ab. Ein Kind, dass im Hintergrund laut ruft, eine Katze, die im home office  über den Tisch läuft, das Licht, das blendet. Alles wird übertragen, alles erfordert Aufmerksamkeit.
  • Je mehr an einer Session teilnehmen, desto mehr Gesichter sind parallel zu sehen. Das menschliche Auge erfasst jede Bewegung, das Gehirn versucht jede Information zu verarbeiten. Das ist schnell ermüdend.
  • Spricht ein Teilnehmer, wird – je nach Tool und Einstellung – dessen Video hervorgehoben, also bspw. groß eingeblendet oder zumindest umrandet. Permanent wechselt das Bild zwischen den Sprechenden. Auch das ist anstrengend.
  • Viele Menschen sind es nicht gewohnt, sich selbst dauerhaft im Bild zu sehen. Bei manchen Menschen führt das zu mehr Kontrolle der eigenen Verhaltensweisen, bei anderen zu übertriebenen Gesten oder permanenter Mimik.
  • Zoom bietet wie viele Tools zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten an. Teilnehmende können die Hand heben, chaten, separate Räume betreten oder Abstimmungen durchführen. Auch weitere Tools mit zusätzlichen Funktionen lassen sich einbinden; es ist quasi ein Feuerwerk an Möglichkeiten.

 

Tipps gegen Zoom Fatigue bzw. Concentration Fatigue

  • Auf sich selbst achten: Sitz-/Stehposition überprüfen, Essen und Trinken bereithalten, den Raum lüften und in Abhängigkeit der Technik auch ein Ladekabel griffbereit haben.
  • Einfarbige Wände im Hintergrund sind besser als Bücherregale, ruhige Räume besser als Räume mit spielenden Kindern etc.
  • Multitasking vermeiden. Wer parallel zur einer Videokonferenz andere Dinge tut, verschärft das Phänomen.
  • Aktive Pausen in den Sessions einplanen, so dass die Teilnehmenden mental abschalten und sich bewegen können. Gerne wird für die Pausen auch körperliche Ertüchtigung oder das bewusste Ausschalten von Kamera und Ton empfohlen.
  • Die Dauer der Sessions limittieren. Formate, die in einem klassischen Umfeld funktionieren, lassen sich nicht eins zu eins online reproduzieren. So ist es bspw. deutlich besser, aus einer Konferenz, die ursprünglich einen Tag gedauert hätte, zwei Online-Tage zu 4 Stunden zu machen.
  • Die Frequenz der Sessions zu limitieren. Bei diesem Punkt sind sowohl die Organisationen als auch die Mitarbeitenden für sich gefordert. Die Organisation sollte weniger Sessions ansetzen und die Mitarbeitenden sollten darauf achten, dass sie nicht jedes Angebot annehmen, nur weil es ein Button-Klick entfernt ist.
  • Gute Vorbereitung ist alles: Agenda definieren mit definierter timebox, Ziele des Meetings abstecken, TeilnehmerInnenkreis wohl überlegen. Ergebnisse, konkrete Maßnahmen und Verantwortlichkeiten mit Deadlines gut und sichtbar für alle dokumentieren!
  • Der Verzicht auf Videokonferenzen, wenn die Kommunikation auch per Telefonkonferenz oder Telefonat möglich ist.
  • Und last but not least: Digital detox, also ein Verzicht auf permanenten Medienkonsum, Erreichbarkeit, Push-Nachrichten.
  • Wenn ich abschalten will, auch meine devices nach Arbeitsende abschalten!